Holzbau fordert ganzheitliche Energiebetrachtung 28.05.2016
Die Anfang 2015 neu gegründete „Gütegemeinschaft CO2 neutrale Bauwerke in Holz“ (GNBH) fordert eine Ergänzung der bautechnischen Standardanforderungen hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Energieverbrauchs, die auch Herstellung, Nutzung und Entsorgung des Baumaterials berücksichtigt.
Kritik an einseitiger Betrachtungsweise
Die EnEV-Verschärfung ab 2016 und die Wärmeschutzverordnung der letzten Jahre zielen hauptsächlich auf den Jahresprimärenergiebedarf von Häusern ab. Dieser soll durch Dämmung und Nutzung von regenerativer Heiztechnik um 25 Prozent im Vergleich zu bisher geltenden Mindestanforderungen reduziert werden. Dabei wird komplett außer Acht gelassen, dass schon bei der Herstellung der Gebäude, inklusive Baustoffe und Dämmung, „graue“ Energie verbraucht wird, die das Klima belastet. Eine anderweitige Nutzung sowie die Entsorgung des verbauten Materials nach Ende der Nutzungsphase als Wohngebäude werden ebenfalls nicht berücksichtigt. Diese wichtigen Punkte müssen nach Meinung der „Gütegemeinschaft CO2-neutrale Bauwerke in Holz“ unbedingt in die Energieeinsparverordnung aufgenommen werden um das große Ziel der Klimaneutralität von Gebäuden möglichst schnell zu erreichen.
Produktkennzahlen zur Erfassung der Herstellungsenergie
Für die Herstellung von Baumaterialien müssen unterschiedliche, teils enorme Energiemengen aufgebracht werden. Auf europäischer Ebene wurden deshalb wissenschaftlich entwickelte Produktkennzahlen, die sogenannte „European Product Declaration“ (EPD) genormt, welche die jeweiligen Materialeigenschaften kennzeichnen. Mit Hilfe dieser Kennzahlen kann die Gesamtenergiebilanz für die Herstellung eines Bauwerks erfasst werden. Die „Gütegemeinschaft CO2 neutrale Bauwerke in Holz“ fordert eine Berücksichtigung der EPDs in der EnEV.
Zertifizierung von CO2 neutralen Massivholzbauwerken
Jedes Bauwerk besitzt ein nachweisbares „Global Warming Potential“ (GWP), welches die Energiebilanz bei der Herstellung bezeichnet. Ziel der neuen Gütegemeinschaft ist es, massive Holzbauwerke zu zertifizieren, deren Herstellungsenergiebilanz einen GWP-Wert kleiner Null hat. Das bedeutet, dass das hergestellte Massivholzbauwerk mindestens CO2 neutral ist, oder sogar eine CO2-Senkenleistung erbringt. Hierfür wurde vom „Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung“ (RAL) das „Gütezeichen CO2 senkende Holzbauwerke“ zugelassen, welches von der „Gütegemeinschaft CO2 neutrale Bauwerke in Holz“ verliehen wird. Das Gütezeichen ist modular aufgebaut und beinhaltet derzeit den Teil A der EPDs als Bestandteil und Grundlage. Sobald weitere europäisch anerkannte und genormte Produktkennzahlen bis zur Entsorgung eines Materials vorliegen, wird das Gütezeichen mit den gleichen Kriterien erweitert werden, um eine ganzheitlichen Betrachtung zu gewährleisten.
Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft entlastet das Klima unmittelbar
Holz ist ein natürlich nachwachsender Rohstoff und nimmt während der Wachstumsphase CO2 auf, welches es auch im verbauten Zustand nochspeichert. 1 Tonne (to) Holz speichert allein 0,9 to CO2! Der CO2 ausstoßende Herstellungsanteil (Transport, Trocknung, Verarbeitung) des Baustoffs Holz ist so gering, dass in der Summe noch erhebliches Speicherpotenzial bestehen bleibt solange das Holz existiert. Zudem kann Holz noch einen zweiten oder dritten Anwendungsbereich finden, nachdem es als Baumaterial ausgedient hat, bevor es letztendlich auch noch CO2-neutral verbrannt werden kann (Energiequelle). Addiert man zu der CO2-Speicherung durch Holz noch den eingesparten Wert aus nicht benötigten anderen Materialien („Substitutionseffekt“), die also nicht erst energieaufwändig hergestellt werden müssen, verdoppelt sich dieses Potential unmittelbar. Ein erhöhter Einsatz von Holz führt nicht zu einer Abholzung unserer Wälder, sondern zu einer sofortigen Klimaentlastung. (In Europa ist das Aufforstungspotenzial größer als der Einschlag!) Im Vergleich dazu würden sich einzig verbesserte Dämmungen erst in 40 oder 50 Jahren positiv auswirken. Nachhaltige Forstwirtschaft erbringt eine höhere CO2-Senkenleistung als ein natürlicher Wald, in dem direkt nach dem Absterben eines Baumes die Freisetzung von CO2 durch Verrottung beginnt.
Massivholzbauten müssen Teil der Immobilienbranche bleiben
Grundlage des „Gütezeichen CO2-senkende Holzbauwerke“ ist Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Je mehr Holz verbaut wird und je mehr Bäume entsprechend nachgepflanzt werden, desto größer ist sowohl kurz- als auch langfristig die CO2-Reduzierung in unserem Klima. Voraussetzung für die Auszeichnung mit dem Gütezeichen ist die Berechnung und Dokumentation der EPDs sowie die Fremdüberwachung nach den strengen Kriterien des RAL.